Heimat- und Traditionsverein Hallbergmoos

Wir führen Heimat, Tradition und Gegenwart zusammen

Ende März 1946 kam Dr. Kurka, gebürtiger Oberschlesier nach Hallbergmoos. Dr. Kurka war Arzt in der Wehrmacht und hatte im Krieg in Polen Jakob Ziegeltrum in der bayerischen Kompanie kennengelernt, wo dieser in der Kantine gearbeitet hat. Ziegeltrum hat Dr. Kurka derart von Hallbergmoos vorgeschwärmt, dass dieser nach Kriegsende, da er nicht mehr in seine Heimat Oberschlesien zurück durfte, nach Hallbergmoos kam. Dazu sei erwähnt, dass Hallbergmoos nach einer Volkszählung vom Mai 1939 1309 Einwohner zählte. Durch Flüchtlinge war die Einwohnerzahl sicher angewachsen und zählte 1950 1830 Einwohner.

Die Familie von Dr. Kurka, bestehend aus seiner Ehefrau Cilli und den Kindern Barbara, Helge, und Ute hatte am 19. Januar 1945 ihre Heimat in Oberschlesien, Kreis Beuthen verlassen und war schließlich am 11. April 1946 nach Hallbergmoos gelangt. Hier angekommen fanden sie Unterkunft in der alten Kindergartenbaracke an der Ottostraße, die das nachstehende Bild zeigt.

Kindergartenbaracke an der Ottostraße

Auf dem Bild ist der Eingangsbereich zu sehen, der leicht unter Wasser stand, weshalb die Ziegelsteine ausgelegt sind.

Die Erstmöblierung für die leere Baracke war sehr karg und bestand aus einem Tisch, sechs Stühlen, einem Schrank, einem kleinen Küchenherd, einem runden Gartentisch, zwei Ehebetten und zwei Nachttischchen. Aus einer Abbruchbaracke konnten noch vier Trennwände sichergestellt werden.

Die Praxismöblierung bestand aus einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Zur Praxisausstattung gehörten ein Stethoskop, ein Spritzenkocher, je eine 10er, 5er und 2er Spritze, einige Kanülen, eine Pinzette und eine Schere. An Büromaterial stand ein Tintenstift und ein kleiner Block Papier zum Ausstellen von Rezepten zur Verfügung. Dazu muss man wissen, dass es praktisch keine Medikamente gab. Der Apotheker Lettenmeier von der Hofapotheke in Freising gab Restbestände aus, Aspirin wurde stückweise abgegeben.

Hausbesuche wurden zu Fuß unternommen, bis Dr. Kurka auf Bezugsschein ein Fahrrad bekam. Als Arzt erhielt er bald auf Antrag bei der Reichspost ein Kurbeltelefon. Zum Telefonieren hob man den Hörer ab, kurbelte und gab die Nummer an, sofern die Post besetzt war, was von 7 bis 18 Uhr der Fall war. Dort wurde man durch Stöpseln vermittelt. Auf Selbstwählen wurde erst lange nach der Währungsreform 1948 umgestellt. Als Fahrzeug stand ein Opel P4 der Familie Rottmeier zur Verfügung, der über den Arzt sofort eine Zulassung erhielt und auch eine Anzahl Benzinmarken. Damit war beiden Familien geholfen.

Die Bezahlung erfolgte in der Regel durch Naturalien, wie z. B. einer Bierflasche voller Milch. Auch Kartoffeln erhielt die Familie ausreichend, sodass sie keinen Hunger gelitten hat. Da ein Arzt neu in der Gemeinde war, ging man bei Kleinigkeiten zunächst zum Bader Reuel. Dies hing sicher auch damit zusammen, dass es in der Landwirtschaft keine Krankenversicherung gab. Diese wurde erst 1972 als gesetzliche Krankenversicherung für die bäuerliche Familie eingeführt. Zuvor musste man Behandlungen selbst bezahlen.

In den 50iger Jahren baute sich Dr. Kurka in der Schmidstraße ein Eigenheim, in dem heute noch seine Tochter mit ihrem Ehemann wohnt.

Die beiden Fotos zeigen Dr. Kurka mit seinem Enkelsohn im Eigenheim in der Schmidstraße.

Dr. Kurka mit seinem Enkelsohn

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Helge Kurka, HNO-Arzt, der mir seine schriftlichen Unterlagen zur Verfügung stellte. Seine Schwester Frau Barbara Schwarz half mir beim Korrekturlesen der handschriftlichen Aufzeichnungen ihres Bruders und stellte mir die Fotos zur Verfügung.


Karl-Heinz Zenker
Hallbergmoos im Juni 2015

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