Heimat- und Traditionsverein Hallbergmoos

Wir führen Heimat, Tradition und Gegenwart zusammen

In der Nähe der Absturzstelle am Wegrand befindet sich eine Informationstafel als Teil des Geschichtsweg „Spuren unserer Vergangenheit“.

Vorgeschichte

Bei den Nachforschungen zum Thema Hallbergmoos im 2. Weltkrieg stieß ich erstmals auf den Flugzeugabsturz einer Me 110 im November 1943 südlich von Goldach. Ein damaliger Zeitzeuge im Kindesalter erzählte den Sachverhalt in den achtziger Jahren einem geschichtlich interessierten Einwohner. Der Zeitzeuge habe nachts eine brennende Me 110 südlich von Goldach abstürzen sehen. Die Absturzstelle sei von Soldaten der Wehrmacht bewacht worden und nach ca. zwei Tagen seien Flugzeugtrümmer und Leichen abtransportiert worden. Ein weiterer damals siebenjähriger Zeitzeuge erinnerte sich, dass es an der Absturzstelle zwei Tage lang brannte. In den achtziger Jahren fanden sich mittels einer Metallsonde noch
diverse Typenschilder, wie das nachstehende Foto zeigt, darunter auch eines der Gothaer Waggonfabrik. Ein damals 14-jähriger Zeitzeuge wollte mit einem Freund auf Fahrrädern zur Absturzstelle fahren. Als sie aber ca. 150 Meter von der noch rauchenden Absturzstelle entfernt die Feldgendarmen, die sog „Kettenhunde“ sahen, verließ sie der Mut und sie kehrten um.

Dieser Sachverhalt findet sich im 27. Sammelblatt vom September 2014 anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsbeginns des 2. Weltkriegs.
Angeregt durch die Ermittlungen von Ernst Keller zum Flugzeugabsturz einer Me 109 bei Massenhausen und der anschließenden Weihe des Gedenksteins für den dabei ums Leben gekommenen Piloten griff ich das Thema des Me 110 Absturzes wieder auf. Nachfragen bei den Standesämtern Oberschleißheim und Neuburg – den Standorten des zutreffenden Nachtjagdgeschwaders – bzgl. Eintragungen in den Sterbebüchern, blieben erfolglos. Erst eine Nachfrage bei den Bayerischen Flugzeughistorikern e.V. Mitte Juni dieses Jahr brachte den entscheidenden Hinweis; und das innerhalb von nur zwei Tagen!

Die Bayerischen Flugzeughistoriker teilten mir Folgendes mit: „Es handelte sich um eine Messerschmitt Bf 110 G-4, Werknr. 5323 von der II. Gruppe, 4. Staffel / NJG 6 die am 14.11.1943 bei Goldach abgestürzt ist. Absturzursache war ein Motorbrand im linken Motor. Die dreiköpfige Besatzung kam dabei ums Leben. Die Besatzung, und das interessierte Herrn Zenker wohl am meisten, setzte sich wie folgt zusammen:
Flugzeugführer: Uffz. Alois Brunnmayer
Bordfunker: Uffz. Erich Hinz
Bordschütze: Obfhr. Johann Lescher
Der Absturz erfolgte nachts.“

Bei Unteroffizier Hinz wurde ich bei Gräber online fündig, die beiden anderen waren dort nicht zu finden. Von der Wehrmachtsauskunftstelle erhielt ich auf Anfrage vom 21. Juni 2016 mit Schreiben vom 26. November 2016 folgende Auskünfte:

Informationen der Wehrmachtsauskunftstelle (WASt):
Der Flugzeugführer Alois Brunnmayr, geb.am 3. Juni 1920 in Waizenkirchen/Oberösterreich, war am 24. November 1939 als wehrfliegertauglich untersucht worden.
Der Bordfunker Erich Hinz, geb. am 4. November 1923 in Dachshausen/Ostpreussen, war am 17. Oktober 1940 als wehrfliegertauglich untersucht worden.

Von dieser Untersuchung existieren von beiden Fotos, nicht jedoch vom Bordschützen Johann Lescher geb. am 29. Januar 1919 in Faid bei Cochem, bei dem als letzter Dienstgrad Obergefreiter von der WASt angegeben wurde. Von Johann Lescher stellte mir Herr Thomas, ein Großneffe von ihm, ein Foto zur Verfügung. Alois Brunnmayr und Johann Lescher wurden in ihren Heimatgemeinden beerdigt, Hinz fand sein Grab auf dem Heldenfriedhof Insterburg.

Die drei beim Absturz ums Leben gekommenen gehörten der 4. Staffel Nachtjagdgeschwader 6 an, dessen II. Gruppe seit 15. September 1943 laut Wikipedia in Neuburg/Donau stationiert war. Die Besatzung bestand also aus einem Ostpreußen, einem Eifelaner und einem Österreicher. Die nachfolgenden Bilder zeigen Alois Brunnmayr (links), Erich Hinz (Mitte) mit den Fotos von der Wehrfliegerverwendungsuntersuchung. Das Foto von Johann Lescher stammt aus Privatbesitz.

 

Zum Bordmechaniker Johann Lescher

Dabei ist festzustellen, dass Johann Lescher nicht Oberfähnrich war, sondern Obergefreiter, wie den drei Schwingen auf dem Kragenspiegel zu entnehmen ist. Von der Überführung des Zinksarges an die Witwe von Lescher existiert noch der Transportschein der Reichsbahn. Demzufolge wurde der Sarg in München-Ost am 18.11.1943 an die Reichsbahn übergeben, um am 22.11.1943 in Kochem einzutreffen. Dazu war auf dem Transportschein vermerkt, dass der Sarg auf keinen Fall geöffnet werden darf. Tatsächlich haben aber die Angehörigen den Sarg vor der Beerdigung geöffnet –der Tote war noch zu identifizieren, wie mir mitgeteilt wurde. Ein Onkel von Lescher, der Steinmetz war, fertigte einen Grabstein in Form eines Flugzeuges. Dieser wurde aber inzwischen erneuert. Ebenfalls berichtete mir Herr Thomas, dass es sich um einen Probeflug handelte und angeblich eine Leitung angesägt war, was den Motorbrand erklären könnte. Johann Lescher sei Mechaniker gewesen, vermutlich um auftretende Probleme festzustellen.

Zum Piloten Alois Brunnmayr

Von Herrn Aschauer aus Waizenkirchen, Neffe einer Schwester von Brunnmayr, erhielt ich noch einige interessante Fotos und Informationen zum Piloten Brunnmayr. So war er Träger der silbernen Frontflugspange für über 60 Frontflüge. Danach wurde er Einflieger bei der Firma Messerschmidt, wie mir Herr Aschauer erzählte. Bei dem Unglücksflug handelte es sich um einen Probeflug, analog der Aussage von Herrn Thomas.

Die nachstehenden Fotos zeigen ihn mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse, dem Flugzeugführerabzeichen und der silbernen Frontflugspange (links) und als jungen Soldaten im Dienstgrad Flieger.

 

Sein Vater reiste damals zur Absturzstelle, um u.a. die Überführung der sterblichen Überreste seines Sohnes zu regeln. Dabei habe er von Zeugen an der Unglücksstelle erfahren, dass es sich um einen Sabotageakt gehandelt habe. Sein Bruder Leopold fiel am 16. April 1944 im 21. Lebensjahr an der Ostfront. Seine Schwestern Katharina und Maria starben 2015 und 2013 im Alter von 87 und 92 Jahren.

Die nachstehenden Fotos zeigen Alois Brunnmayr vor der Me 110 und in Pilotenkombi.

 

Recherchen zum Flugzeug Me 110

Die Version Bf 110 war neben der Ju 88 Standardnachtjäger der deutschen Luftwaffe. Laut Wikipedia wurde ein großer Teil dieser Version in der Gothaer Waggonfabrik gebaut. Anfänglich hatte diese Version Probleme mit den Motoren, was häufig zu Triebwerksbränden führte. Beides stimmt mit den Fakten der abgestürzten Maschine überein. Das nächste Foto zeigt eine Me 110 G 4 aus dem Londoner Museum und wurde Wikipedia (externer Link)  entnommen.

Das nachstehende Foto zeigt die ungefähre Absturzstelle inmitten der grünen Feldermit der leichten Mulde. Da das Flugzeugwrack laut Zeugenaussage größtenteils geborgen werden konnte, ist von einem flachen Aufschlag auszugehen.

Nachbetrachtung

Der 2. Weltkrieg hat auch im damaligen Hallbergmoos und Goldach seine Spuren hinterlassen. So starben durch Krieg und Kriegsfolgen bis Mitte Mai 1945 insgesamt 12 Menschen, darunter mit Adolf Leiderer ein Kind. Im Einzelnen sind dies die

  • drei Toten dieses Me 110 Absturzes Alois Brunnmayr, Johann Lescher und Erich Hinz,
  • Vater und Sohn Deuter, die durch eine explodierende Flakgranate den Tod fanden (Sammelblatt Nr. 46 vom 24.Mai 2016),
  • vier tote Wehrmachtssoldaten und der seinen Verletzungen erlegene Soldat Kiss Ende April/Anfang Mai 1945 (Sammelblatt Nr. 34 vom April 2015),
  • der Häftling Albert Labro (Sammelblatt Nr. 36 vom Mai 2015),
  • der Knabe Adolf Leiderer (Sammelblatt Nr. 34 vom April 2015).

Beim Bombenabwurf vom Juni 1944 waren nur Sachschäden zu verzeichnen (Sammelblatt Nr. 3 vom Januar 2007) ebenso wie bei einigen Tieffliegerangriffen, wie mir mehrere Zeitzeugen berichteten. Jedem dieser Toten soll dieses Sammelblatt gedenken und der Nachwelt als Mahnung dienen, welches Leid Kriege mit sich bringen. Das Kapitel 2. Weltkrieg und Hallbergmoos kann damit historisch als vorläufig abgeschlossen betrachtet
werden.

Danksagung/Quellen

Ich danke den Zeitzeugen, die ungenannt bleiben wollen.
Mein ganz besonderer Dank gilt den Bayerischen Flugzeughistorikern, die den entscheidenden Hinweis auf Datum, Namen und Dienstgrade der Flugzeugbesatzung sowie Ursache des Absturzes geliefert haben.
Ebenso danke ich Herrn Aschauer und Herrn Thomas, die mir Fotos des Piloten Brunnmayr und Mechaniker Lescher zur Verfügung stellten und unabhängig voneinander von einem Probeflug sowie Sabotageakt sprachen.
Zuletzt danke ich der WASt für die zur Verfügung gestellten Unterlagen.
Weitere detaillierte Informationen über die Me 110 finden sich in Wikipedia.

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