Heimat- und Traditionsverein Hallbergmoos

Wir führen Heimat, Tradition und Gegenwart zusammen

Erhebung von Goldach zu einer eigenständigen Gemeinde 1865 nach Akte LRA 196 209 des Staatsarchivs

Vorwort

Die Geschichte von Goldach ist in den letzten beiden Ortschroniken eher spärlich behandelt. Das liegt vermutlich daran, dass Goldach erst kurz vor der 150 Jahrfeier und der damit zusammenhängenden Chronikerstellung  im  Jahr  1980  nach  Hallbergmoos  eingemeindet  worden  ist  und  der  damalige Chronist Herbert Feike,  Hauptlehrer in Hallbergmoos und Archivar des historischen Vereins Freisings war.

Inzwischen sind mit dem Sammelblatt Nr. 44 vom April 2016 die Anfänge von Goldach mit dem ersten Gebäude,  erbaut  1851,  detailliert  an  Hand  von  Dokumenten  aus  dem  Staatsarchiv  München geschildert worden. Zudem ist im Gasthaus Alter Wirt der Bauplan des Wirtshauses ausgestellt und die Geschichte  des  Hauses  geschildert.  Auf  der  vor  dem  Wirtshaus  aufgestellten  Infotafel  sind weitere interessante Geschichten festgehalten.

Auf  der  Suche  nach  der  Namensgebung  hat  Archivar  Dr.  Holzapfl  vom  Staatsarchiv  München  auf Anfrage drei Akten mit den Archivnummern LRA 196 209-211  und  dem Titel „Erhebung der neuen Ansiedlung Goldach zu einer eigenen Gemeinde 1865“, ausfindig gemacht. Kopien dieser Akten bilden die  Grundlage  dieses  Sammelblatts.  Die  wichtigste  Information  bildet  der  Hinweis  auf  die Namensgebung  durch  König  Ludwig  II  unter  dem  23.  Juni  1865.  Leider  war  das  Schriftstück  trotz
intensiver Recherchen nicht ausfindig zu machen, so bleibt nur das Datum der Namensgebung.

Inhalt der Akte LRA 196 209

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Akte fasse ich in diesem Sammelblatt zusammen. Ein Dokument ist dabei eine Karte des Polizeibezirks Freising und Erding von 1861 mit den Gebäuden von Goldach.

Die Akte behandelt die Versuche der damaligen Goldacher Bürger die Eigenständigkeit von Goldach zu erlangen. Dazu  ist  in  der  Akte  der  gesamte  Schriftverkehr  zwischen  Goldacher  Bürgern  mit  dem  Bezirksamt Erding und dem Bezirk Oberbayern enthalten. Aus diesem sehr umfangreichen Schriftverkehr habe ich zunächst  das erste Schriftstück und die darauf unterzeichneten  Bürger ausgewählt, da der gesamte Schriftverkehr in der deutschen Schrift geführt wurde. Die auch bereits damals in der Akte enthaltenen bürokratischen Abläufe schenke ich mir und führe das erste Schriftstück in seiner damaligen Sprache auf:

Act des königl. Bezirksamts Erding

Goldach den 9ten September 1865

Erhebung der neuen Ansiedlung Goldach zu einer eigenen Gemeinde

Die gehorsamst Unterzeichneten erklären Hiermit, daß alle auf beiliegenden Protokollen Unterfertigten getreu sind, eine eigene Gemeinde zu bilden, und bitten hiermit ein königl. Bezirksamt, bei der königl. Regierung gefälligst dahin zu wirken, daß dem Wunsche derselben gnädigst willfahren werden müßte.

In ausgezeichneter Hochacchtung
Eurem
Königlichen Bezirksamt

Eure gehorsamsten

Es folgen die Namen von 27 Bürgern aus Goldach mit teilweise näheren Angaben, die mir freundlicherweise unser Mitglied Günter Lammel aus der deutschen Schrift übertragen hat.

1.  Aloys Söllner, Besitzer eines Kalkofens u. einer Tafernwirthschaft, Besitzer 2er Anwesen
2.  Joseph Mittermeier, Besitzer von 5 Anwesen
3.  Max Kaiser, lediger Gütler
4.  Georg Lackner, verheiratheter Gütler
5.  Bartholomäus Strobl, verheiratheter Gütler
6.  Lorenz Fenzl, Besitzer des Madergutes
7.  Georg Peiser, led. Gütler
8.  Joseph Hold, verheiratheter Gütler
9.  Sebastian Bregler, led. Gütler
10.  Kaspar Keller, verheiratheter Gütler
11.  Johann Müller, Büchsenmacher verheir.
12.  Lorenz Hartshauser, verheir. Gütler
13.  Andreas Wagner, Gütler u. Maurer
14.  Jakob Kellner, verheirath. Gütler
15.  Johann Frombeck, led. Gütler
16.  Joh. Bapt. Schlegl, led. Gütler
17.  Karl Schott, verheir. Gütler
18.  Jos. Kunzlmann, verheirath. Gütler
19.  Johann Höpfinger, led. Gütler
20.  Mathias Loibl, verheir. Schmid
21.  Theodor Meindl, led. Gütler
22.  Jos. Leist sen., verheirath. Gütler
23.  Johann Klar, verheirath. Gütler
24.  Johann Morasch, verheirath. Gütler
25.  Wolfgang Liebl, verheirath. Gütler
26.  Nikolaus Reichardt, verheirath. Gütler
27.  Jakob Morasch, led. Gütler

Das Gesuch vom 9. September 1865 wurde schließlich mit Schreiben der königlichen Regierung von Oberbayern vom 10.  Dezember 1865 beantwortet.  An dieser Stelle wird der Inhalt dieses Schreibens wiedergegeben, was mir wiederum unser  Mitglied Günter Lammel aus der deutschen Schrift übertragen hat. Ich gebe es mit seiner Anmerkung hier wieder:

Die mit Bericht vom 6/7ten ds Mts. vorgelegten Akten folgen in der Anlage mit dem Auftrage zurück, den Gesuchstellern zu eröffnen, daß in ihrem eigenen Interesse auf den Antrag nicht eingegangen werden könne, übrigens es ihnen überlassen bleibe, bei dem entgegenstehendem absolut hindernden Widerspruchsrechte der Gemeinde im Falle einer neuen Ansiedlung u. eines hierauf zu gründenden Anspruchs auf Ansäßigmachung dieses absolute Veto dadurch zu umgehen, daß von den Antragstellern Eoniessionen für solche Gewerbe nachgesucht werden, welche keiner großen Vorbildung bedürfen, wie z. B. Krämereien, Bäckereien, Wirtschaften, Schmieden, Metzgereien, Botenionzessionen, Melbereien, Seifen-Siedereien etc.

Anmerkungen von Günter Lammel:

  • Die Schreibweise des scharfen S wurde entgegen der heutigen Rechtschreibregeln beibehalten.
  • Eoniessionen: Buchstabengetreu übernommen, das Wort gibt es in anderen Sprachen, jedoch habe ich keine Übersetzung gefunden. Sinngemäß würde ich es mit „Anfragen, Angeboten, Interessenten“ übersetzen.
  • Botenionzessionen: Buchstabengetreu übernommen. Auch hier habe ich keine Worterklärung gefunden. Sinngemäß würde ich hierunter „Botendienste, Dienstleister“ verstehen.
  • Mit meinen Worten ausgedrückt stellt das Schreiben eine Ablehnung dar. Um das Widerspruchsrecht der Gemeinde Notzing zukünftig zu umgehen, wird bei einer neuen Siedlung empfohlen, Anfragen von Gewerben, die keine große Vorbildung bedürfen, wie ….. anzuführen.

Schlussbemerkung/Danksagung

Auf  Grund  der  Angaben  in  der  Akte  des  Staatsarchivs  müssen  die  Angaben  zu  den  Anfängen  von Goldach in der 150-Jahrchronik von 1980 auf Seite 100 berichtigt werden. Nicht 20 sondern bereits 32 Gebäude  standen  1865  in  Goldach  (StA  LA  Nr.  196  209).  Interessant  ist  auch  die  namentliche Aufstellung der damaligen Goldacher Bürger, worunter sich acht ledige Gütler befanden.  Zu den 32 Gebäuden passen auch besser die 186 Einwohner von Goldach nach der Volkszählung vom 1.12.1871 (53. Sammelblatt vom 4.9.2017).
Der nächste Versuch von Goldacher Bürgern die Eigenständigkeit 1894 zu  beantragen wird in einem eigenen Sammelblatt behandelt.
Bemerkenswert  die  damalige  Sprache  und  die  Tatsache,  ewig  lange  Schachtelsätze  zu  bilden,  wie bereits in der Namensgebungsurkunde vom 21. Mai 1828 festzustellen ist.
Mein  besonderer  Dank  gilt  unserem  Mitglied  Günter  Lammel  für  die  mühevolle  und  zeitraubende Arbeit der Übertragung aus der deutschen Schrift und der Erläuterung heute nicht mehr geläufiger Wörter.

 

Karl-Heinz Zenker

Hallbergmoos im Juli 2021

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